Hi Leute,
Heute hat es mich in einen Tempel weit außerhalb von Bangkok (ungefähr 50km) verschlagen.
Warum das?
Ich erklär es euch.
Ich wollte ein traditionelles Andenken aus Thailand, dass ich immer bei mir habe, was mich vor Gefahren schützt und was typisch thailändisch ist. Im Internet bin ich dann auf Sak Yant gestoßen: heilige Tattoos, die von einigen Mönchen im Wat Bang Phra gestochen werden, die ihrem Träger besonderen Schutz oder Stärke verleihen.
Allerdings kam es für mich nicht in Frage mir ein Tattoo in einem Studio stechen zu lassen, Geschweige denn mir überhaupt eins stechen zu lassen.
Aber die Tatsache, dass es ein traditionelles religiöses Tattoo ist und es persönlich von einem von drei Mönchen gestochen wird, sprich es davon nicht so viele gibt, hat mich dann doch überzeugt.
Ich bin zwar nicht getauft, aber habe mich durch meine Mutter ehrlich gesagt immer mehr zum Buddhismus hingezogen gefühlt als zum Christentum. Ich mag einfach diese ruhige, friedliche Art am Buddhismus sehr und dass man andere Lebewesen mit angemessenen Respekt betrachtet.
Ich bin sowieso ein sehr freundlicher und friedlicher Mensch. Respekt ist eine Tugend, die heute wie ich finde leider immer seltener wird. Da können sich wirklich manche Menschen eine Scheibe von Abscheiden.
Besonders im Beruf ist mir das stark aufgefallen. Oft ist man heutzutage einfach nur eine Nummer und keine Person mehr, die verantwortungsvoll seine Arbeit verrichtet.
Aber auch Kinder bekommen es heute wohl einfach nicht mehr beigebracht zum Beispiel ältere Leute zu ehren. Auch wenn man Ihnen im Bus vielleicht nur einen Sitzplatz anbietet oder ihnen über die Straße hilft.
Im Wat angekommen, habe ich erstmal den Stand gesucht, um Opfergaben zu kaufen. Denn ich habe vorher aus diesem Sternartikel erfahren, dass der Wat gerne eine Orchideenblüte, eine Kerze, Räucherstäbchen, eine Packung Zigaretten und 25 Baht als „Bezahlung“ hätte. Insgesamt also keine 40 Baht, also etwas über ein Euro. Wow, ich glaube dafür bekommt man in Deutschland kein Tattoo 😀
Gemacht getan.
Vor betreten des Wats ist natürlich Schuhe ausziehen angesagt. Die meisten Wats verlangen außerdem, dass wenigstens die Knie und Schultern bedeckt sind. Ich hatte dort jetzt eine kurze Hose an und ein Polo. Da ich nicht darauf angesprochen wurde, scheinte wohl alles ok zu sein.
Es waren schon einige vor mir im Raum. Ein Helfer sagte mir ich müsse mich gedulden. Es wären noch einige andere vor mir dran. Wir sitzen alle zusammen kegelförmig um den Mönch herum und schauen dabei zu wie er mit der langen, spitzen Nadel jemanden tätowiert.
Ich werde gefragt aus welcher Provinz ich komme. „Samut Prakan“ sage ich, da meine Cousine dort wohnt. Und scheint wohl so, dass die Reihenfolge sich danach richtet aus welcher Provinz Thailands man kommt.
Ich schau mich um. Alle anderen haben schon mindestens ein, meistens allerdings mehr Tattoos. Und langsam wird mir auch etwas mulmig.
Derselbe Helfer der mir sagte, dass ich etwas warten müsse. Fragte mich mehrfach ob ich sicher sei mir ein Tatoo mit Tinte stechen lassen zu wollen. Ich bejahte mit „Im sure, 100%.“ Dann fragte er mich ob ich hohen Blutdruck hätte, oder Angst oder Angst vor HIV da der Mönch wohl für alle dieselbe Nadel benutzt. „Ich sagte, dass sei kein Problem“ auf thai.
Mann, der Helfer hatte mich ja richtig ermutigt.
Aber ich wartete geduldig bis ich dran war. Der Freund meiner Cousine Ken mit dem ich da war meinte nur, dass ich sehr viel Glück habe noch heute ein Tattoo zu bekommen. Wäre ich später gekommen, hätte ich wohl morgen wieder kommen müssen.
Nun ist es soweit!
Der Mönch bittet mich nach vorne. Ich verneige mich vor ihm und überreiche ihm meine Opfergaben in einer goldenen Schale. Er bittet mich mein Polo auszuziehen. Ich tat es und ließ es danach einfach fallen. Ich setze mich mit dem Rücken zu ihm setzen. Er desinfizierte langsam meinen Rücken. Und ich bekomme Kissen auf denen ich meinen Oberkörper abstützen kann. Ich sage noch welches Motiv ich haben möchte: Die neun Spitzen sollen es sein.
Ich merke: ich bin jetzt schon super angespannt! Ich klammerte meine Hände um meine Beine. Mein Gesicht liegt auf dem Kissen.
Und ich frage immer mich nur wann kommt der erste Stich mit der Nadel. Der Mönch malt erst noch das Motiv als Vorlage auf und tastet ab wie mein Rücken beschafft ist.
Entspannen! Entspannen!
Ich versuche meinen Puls über die Atmung zu kontrollieren, wie beim Meditieren. Es klappt ich werde ruhiger. 2 Helfer straffen meine Haut. Dann gehts auch schon los. Der Mönch ritzt sehr gleichmäßig und geübt das Motiv mit einer langen Nadel in meine Haut.
Der Helfer sagte mir ich soll mich versuchen zu entspannen, und in 10 Minuten sei alles vorbei.
Es schmerzt aber, je nach Stelle mal mehr, mal weniger. Gefühlt werden die Schmerzen zunehmend schlimmer. Ich versuche meinem Körper mitzuteilen, dass dies normal sei und dass er sich beruhigen soll.
Meine Gedanken kreisen ständig zwischen „Was mache ich eigentlich hier?“ und „Du stehst das durch!“
Irgendwann höre ich nur noch: „5 Minutes.“
Das ist gut, denke ich mir und versuche die Schmerzen zu ignorieren. Ich denke an meine Freunde und Familie. Ich stelle mir vor, ich würde es für sie tun.
Ich stehe die Prozedur tapfer durch.
Nach dem Stechen des Tattoo, soll ich beten und der Mönch murmelt sehr leise ein Gebet, um das Tattoo zu segnen und überträgt damit einen Teil seiner Kraft auf mich.
Ich bedanke mich, indem ich mich drei mal vor ihm verneige. Außerdem spende ich dem Wat noch etwas Geld. Echte Handarbeit muss gewürdigt werden und im Tattoostudio kostet sowas auch bestimmt einiges.
Ich bekomme als danke schön einen Glücksbringer in Form eines Anhängers. Ich bedanke mich nochmal und verlasse den Raum. Ich bin wirklich froh dass es vorbei ist und ich wieder lächeln kann.
Auf dem Rückweg fragte mich Ken ob mir das Tattoo gefällt. Ich sagte ich habe es zwar noch nicht gesehen aber es gefällt mir schon jetzt.
Immer wenn ich es betrachte fällt mir auf wie akkurat die Linien gezogen sind und wie gleichmäßig die Farbe ist. Der Mönch kann es auf jeden Fall richtig!
Also falls ihr darüber nachdenkt euch ein Tattoo in Thailand stechen zu lassen, macht es bitte nicht unüberlegt spontan auf irgendeiner Fullmoonparty oder so.
Sondern geht zu jemandem der es kann, dem ihr vertraut und bei dem das Tattoo auch etwas über euch aussagt.
Ich hätte echt super gerne Fotos gemacht, leider durfte ich im Tempel nicht Fotografieren. Ich habe trotzdem probiert alles so gut wie möglich zu beschreiben, damit ihr bei meinem Erlebnis dabei sein könnt.
Schreibt´s in die Comments was ihr denkt!
Liebe Grüße aus Bangkok,
Euer Joey